Orgel Gallspach

Gestaltung 2015

Standort: Pfarrkirche Gallspach

Einweihungsdatum: 10.10. 2015

Register:16

2 Manualwerke
1Pedalwerk

Rein mechanisches Orgelbauprinzip
(Alte Holzverbindungen/Keine Verwendung von Schrauben)
 

 

Raum, Prospekt und Perspektive

Aus dem Orgelprospekt teilt sich viel über das Instrument mit, über die sogenannten „Werke“, aus denen das Instrument besteht, über seine Register und seine Stellung und Bedeutung im Dienste der Liturgie. Jede Orgel ist einmalig in ihrer musikalischen Disposition und in ihrer Ansicht, eben dem „Prospekt“. Die Literatur spricht oft von ihrer „eigenen Persönlichkeit“ und jede Orgel ist ohne den Raum, für den sie gebaut und ausgelegt wurde nicht zu denken.

 

Das Gehäuse (So nennt der Orgelbauer den Baukörper der Orgel) gliedert das Hauptwerk in zwei seitlich wie Erker über die vertikale Ebene des Spieltisches vorspringende Kuben. Die ansteigenden Linien der Prospektpfeifen hingegen folgen nicht dieser symmetrischen Spiegelung sondern werden parallel zur Raummitte hin ansteigend geführt. Damit unterstreicht der Prospekt den der Liturgie dienenden Charakter und Stellenwert, umso mehr als die Orgel seitlich des Altarraumes und damit immer im Blickfeld der feiernden Gemeinde angeordnet ist. Über und vor den Pfeifen schließt ein „Vorhang“ aus den für die Klangbildung so wichtigen Schleierbrettern die Konturen zu einem einfachen, proportional zum Kirchenraum abgestimmten Volumen.

 

Die neue Orgel in Gallspach vervollständigt damit die Topografie des 2005 errichteten Kirchenraumes. Auch dieser Raum ist einmalig. Auch er ist erst aus dem entstanden was diesen besonderen Ort ausmacht: der steile Anstieg des historischen Kirchhügels, die erhaltenen Bauteile der alten Kirche, der damals mächtige Baum an der Strasse und der bereits 1779 aufgelassene Friedhof.

 

In dieser extremen Lage am Hang gab es für diesen Raum allerdings kein typologisches, kein formales, eben kein „stilistisches“ Vorbild. Ein über elliptischem Grundriss errichteter ringförmiger Baukörper umschließ den gesamten Kirchenbau, aufgebaut aus strahlenförmig angeordneten Lärchenholzrahmen. Ansteigend, der steilen Hanglage folgend, durchdringt er als gedeckter Umgang die Apsis der alten Kirche und den Turm. Die Mitte ist im stillen Innenhof des ehemaligen Friedhofs gegeben, baumbestanden und mit den Strassen des Marktes atmosphärisch verbunden. Darunter erweitert sich der Kirchenraum aus dieser umschließenden Kontur zum Hang in eine zylindrisch hoch aufragende Werktagskapelle.

 

Der Linie der Holzkonstruktion folgt der Kreuzweg, vom Altar ausgehend, durch die alte Kirche, Station für Station zurück über die breite Treppe in den Kirchenraum um am Altar seinen Kreis zu schließen. Eben dort, an zentraler Stelle, wird die Orgel Teil der Bau- und Raumplastik, die den Beginn und das Ziel dieses Weges in einer durch den Altar gesetzten Mitte zusammenführt. So entsteht um den Altar eine Art Symmetrie als Gleichgewicht von in Balance befindlichen und für die Liturgie bedeutsamen Objekten, wie jene des Ambos, des Taufsteins, der Mutter Gottes, und jetzt auch der Orgel. In ihrer Ausstrahlung und raumgreifenden Stellung zueinander geben Sie Halt, Maßstab und immer wieder neue Perspektiven.

 

Ähnlich den Vorgaben des Ortes und der sakramentalen Handlung, die die räumliche Organisation der Architektur bestimmen, folgt die Orgel den Gesetzen der Musik und deren Auslegung in der Kunst des Instrumentenbaus. In ihrer körperhaften Gestalt „spricht“ (so der terminus technicus der Orgelbauer) sie aus dem und gleichzeitig in den Raum, worin die Gemeinde sich versammelt. Die Orgel ist Teil dieses Ganzen. Begleitend führt sie zur Mitte hin, in ihrem Spiel wird sie zum Teil und „Instrument“ der versammelten Gemeinde.

 

 

 

 

 

 

Realisierung und Gestaltung:

Kögler-Orgelbau
A-4490 St.Florian

und

DI Ernst Beneder, Architekt
DI Dr. Anja Fischer, Architektin